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Presse-Information (14MB)

LEBEN AN DER SCHÖNHAUSER

Felix Müller und Julia Brodauf 2010/11/12

Die umfangreichen Sanierungen im Prenzlauer Berg haben in den letzten Jahren einen Bevölkerungswandel erzeugt: Mindestens zwei Drittel der Wohnungen werden nach der Sanierung neu bezogen bzw. werden von Neu-Berlinern bewohnt. Die angestammten Mieter, die sich seit Jahrzehnten mit ihrem Kiez identifizieren, sind weggezogen oder verbleiben in der Minderzahl. Viele Zeitzeugen sind verstorben. So gehen viele Geschichten aus dem Bezirk verloren – wobei paradoxerweise  viele neue Mieter eben wegen dieser zum Teil schon legendären Geschichte und Geschichten in den Prenzlauer Berg gekommen sind.

 

Das Kunstprojekt „Leben an der Schönhauser Allee“ versteht sich als Collage im Raum – seine Einzelteile sind im Gebäude verstreut zu finden. In der Absicht, der Geschichte des Hauses und seiner Umgebung ein Denkmal zu setzen und einen Rahmen zu geben, erstellten die Künstler aus Interviews mit Freunden und Nachbarn, aus Überlieferungen und Literatur eine Serie von Erinnerungsfragmenten, die aus Sicht der vorwiegend ehemaligen Bewohner dieser Nachbarschaft die Geschichte des Stadtteils erzählen. Der private Blickwinkel herrscht vor, streift fast beiläufig die großen Wendungen der Geschichte, landet aber immer wieder beim selben Thema: Wie war das Leben, das Wohnen, das Erleben an der Schönhauser Allee? 

 

Die Texte geben einen kleinen Einblick in die jeweilige Erzählungen. Sie sind an den Wänden des Hauses, in den Treppenaufgängen und den Kellern verteilt. Durch das Haus gehend, wird man stets den einen Satz lesen und dabei den vorherigen im Gedächtnis verschwimmen lassen. Manchmal kann man zwei nahe beieinander stehen sehen, selten drei. Die vollständige Erzählung entsteht nur im Kopf Desjenigen, der sämtliche Etagen erklommen hat. Bei allen Anderen bleibt es beim Fragment.  Auch derjenige, der alles gelesen hat, vermag sich später sehr selektiv zu erinnern und wird mit seinem persönlichen Eindruck der Erzählung aus der Schönhauser Allee von dannen ziehen – und damit geschieht ein Prozess analog zu dem der mündlichen Überlieferung. Vom Gehörten wird selektiv und persönlich behalten, erinnert und weitergegeben. Indem sie das Haus verlassen und die Geschichten in die Welt tragen, werden die Besucher des Kunstprojekts „Leben an der Schönhauser Allee“ Teil der fiktiven, doch auf realen Fakten und Interviews beruhenden Erzählung des Hauses. 

 

Wir danken an dieser Stelle allen Nachbarn und Freunden sowie besonders den Bewohnern des St. Elisabeth Stifts in der Eberswalder Straße dafür, uns aus ihrem Leben erzählt zu haben. Und wir danken Michael Hermes für seine Begeisterung, sein Vertrauen, seine Neugier auf Ungewöhnliches und seine Geduld.

 

Die Künstler: Julia Brodauf und Prof. Felix Müller

www.muellerandfriends.com/leben-an-der-schoenhauser

www.lebenanderschoenhauser.blogspot.de

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